Leinert Lorenz Architekten Dresden

Werkstattverfahren Wohnbebauung Friedensstrasse

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Situation

Das zu beplanende Areal befindet sich am nordwestlichen Rand des Hechtviertels in der Dresdner Neustadt innerhalb eines nur zu einem kleinen Teil bebauten gründerzeitlichen Stadtblocks.
Die ausgeprägteste Bebauungsform ist innerhalb des Hechtviertels der Typus der Blockrandbebauung. Eine solche Bebauung des Quartiersblockrandes wurde in den 10´er Jahren des 20.Jahrhunderts bereits begonnen, brach jedoch ab und hinterließ eine hochwertige, vollständig erschlossene, städtebauliche Entwicklungsfläche, die bis heute mit einer Zwischennutzung durch Kleingärten und einen Lebensmittelmarkt keiner innerstädtischen Nutzung zugeführt wurde.
Das Baugrundstück selbst befindet sich als Teil des unvollendeten Blocks an der Friedenstraße und schließt direkt an der Brandwand eines Bestandsgebäudes an. Durch die Umrissgestalt und die erhebliche Tiefenentwicklung in Richtung des Blockinneren wird die Grundstücksausnutzung durch eine konventionelle Fortführung der traditionellen Bebauungsstruktur von Vorder-, und Hinterhaus stark eingeschränken. Die zwingende Einhaltung von Abstandsregeln beungünstigt die gewählte Bebaubaubarkeit im Hinblick auf Effizienz zusätzlich.

städtebauliches Ziel

Die Anforderungen an die städtebaulichen Strukturen im Quartier haben sich in den vergangenen mehr als 100 Jahren, als der Stadtteil entstand, stark verändert und müssen heutigen Nutzungsanforderungen angepasst werden. Die Blockrandstrukturen, charakterisiert durch kleinteilige Parzellierungen und Hinterhofbebauungen, verunmöglichen eine hochwertige Nutzung der wertvollen Blockinnenlagen. Im Zuge der allgemeinen städtebaulichen Entwicklung wurde der geschlossene Block zur offenen Blockrandstruktur transformiert. Eine solche offene Blockrandstruktur wird von uns auch für das Planungsgebiet favorisiert. Konsequent wird das Prinzip des offenen Blocks angewendet, die Innenbereiche werden mit Außenraumqualitäten aufgewertet und durch großzügige Zugänglichkeit heutigen Nutzungsanforderungen angepasst. Zusätzlich zur Verbesserung der Wohnqualitäten im Inneren des Quartiers kann die Ausnutzungseffizienz bezogen auf die Grundstücksfläche mittels einer durchgängig verdichteten Bebauung erhöht werden. Im Gegensatz zu den vorhandenen Blockrandstrukturen der Nachbarschaft wird der offene Quartiersblock an der umgebenden Stadtstruktur mit Hilfe einer attraktiven Durchwegung, wie auch der Anordnung von qualitätsvollen Freiflächen angeschlossen. Das Planungsareal Friedensstraße spielt hierbei für die planerische Entwicklung des ganzen Gevierts eine bedeutende und initiale Rolle. Im Rahmen dieser ersten Bauetappe sollten die Prinzipien für das gesamte Gebiet vorausschauend definiert werden, um eine zukunftsfähige bauliche Fortentwicklung für den gesamten Quartiersblock möglich zu halten.

Konzept und Gestalt

Das städtebauliche Konzept und die Gestalt des Bauwerks sind das direkte Ergebnisse der Analyse zum Baugrundstück. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur lokalen Situation und den Potentialen der städtebaulichen Entwicklung liegen dem Entwurf als  Grundlagen für die städtebauliche Rahmenzielsetzungen und der Gestaltbildung des Bauwerks zu Grunde.  Unter Anwendung des Prinzips „offener Blockrand“ war das Ziel die Bebaubarkeit auf dem Baugrundstück zu erhöhen und die Qualitätspotentiale zu optimieren. Hierzu wurde von traditionellen Bebauungsmustern abgewichen. Der differierende stadtplanerische Ansatz besteht darin, im Bereich der Bebauungsgrenzen den Baukörper nicht blockabschließend von Flurstücksgrenze zu Flurstücksgrenze zu positionieren, vielmehr wird das Potential des Baugrundstücks im Blockinneren gesehen, gewürdigt und ausgenutzt. Diesem Prinzip folgend wird der Baukörper im rechten Winkel in das Blockinnere hineinentwickelt. In enger Interaktion mit einem zeitgemäßen Stadtblockkonzept erfährt der Baustein eine sich mehrfach differenzierende Höhenentwicklung. Die Ausbildung der offenen Blockecke an der Kreuzung Friedensstraße/ Fritz-Reuter-Straße und die hierdurch an dieser Stelle entfallende Höhendominante wird im Sinne einer spannungsreichen Silouettenbildung im Gebietskern positioniert. Es entsteht ein Baukörper der zweifach dreidimensional seine Richtung ändert, die hierdurch provozierten Rauminteraktionen führen zu neuartigen und spannungsvollen Raumkonditionen im lokalen Umfeld.

Architektur

Um die Gebietstypik der Nachbarblöcke zu würdigen und eine Harmonisierung zwischen alt und neu zu bewirken, wird eine fassadenbezogene Architektursprache vorgeschlagen, die auf Materialität, Elemente und Gliederungen in der Umgebungsbebauung eingeht. Nahezu alle Gebäude der Umgebung weisen Fassaden aus Sandstein und Klinker mit gliedernden Elementen, wie Sockel, Leibungen, Gesimse, Ziergiebel und Ornamentwerk sowie für die Zeit charakteristische Lochfassaden. In einer zeitgemäßen Übertragung werden alle diese Elemente eingesetzt um eine sich klar als modern abgrenzende Fassade zu erschaffen. Dieser neue Gestaltungsduktus zitiert die traditionellen Fassadengestalt und interpretiert diese neu. Wesentlich für die Nutzungsqualitäten im Inneren sind die großen Fensterformate der Straßenfassaden die einen Wechsel vom traditionellen, stehenden Format zum zeitgenössischen, bandhaft, liegenden Format vollziehen.

Projekt: Werkstattverfahren Wohnbebauung Friedensstrasse
Standort: Dresden Neustadt
Typus: Wohnen I MFH
Bauherr: Säurich-Sassenscheidt GbR
Jahr: 2015